Gaye Su Akyol, VKB Band und Aquabella lassen mit Freude am Experimentieren, neu Interpretiertem und „Liedern, die ein Zuhause finden“ aufhorchen.
Gaye Su Akyol, eine der wichtigsten Sängerinnen der Türkei, ist eine sehr experimentierfreudige und obendrein durchaus politische Musikerin. Unter dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan muss sie sich in ihren kritischen Texten eher subtil und vorsichtig ausdrücken. Musikalisch ist das nicht der Fall, da kann das volle Programm gefahren werden.
Seit einigen Jahren schon erlebt der anatolische Psychedelic-Rock ein Revival und da ist Gaye Su Akyol mit ihrem neuen Album „Anadolu Ejderi“ ganz vorne mit dabei. Dazu mischt sie Pop-Folk, klassische türkische Musik, Post-Punk, Jazz, Surf, Stoner-Rock und Disco. Das Gitarren-, Bass- und Schlagzeugtrio wird von Geige und Oud, einer Kurzhalslaute, aber auch traditionellen türkischen Instrumenten wie Bağlama, Cümbüş und Sazbüş begleitet.
Hommage. Als Opener rumpelt „Jockey Full of Bourbon“ daher – gesungen von drei Frauen, alles andere als gekrächzt á la Tom Waits. Sie nennen sich VKB Band (VickiKristinaBarcelona Band) und mit „Yesterday Is Here“ interpretieren sie nicht zum ersten Mal ein ganzes Album lang Kompositionen von Tom Waits, die er zusammen mit seiner Frau Kathleen Brennan erschaffen hat.
Rachelle Garniez’, Amanda Homis und Terry Radigans Absicht ist es, auf dem Album den Anteil Brennans herauszuarbeiten und zu würdigen. Die drei haben jeweils auch selbst eine interessante, umfangreiche Künstlerinnenbiografie vorzuweisen. Alle singen sie und mit Banjo, Akkordeon, Gitarre, Konzertina, allerlei origineller Perkussion und einigem mehr wird zu Werke gegangen. Die zwei Musikerinnen aus New York und eine aus London bescheren den Hörer:innen berührende Neuinterpretationen mit NYC-Flair und einer besonderen, weiblichen Note.
Wider das Vergessen. Aquabella, ein weibliches, im Bereich der Weltmusik führendes deutsches Vokalensemble, präsentiert auf dem neuen Album „Heimatlose Lieder finden ein Zuhause“ 13 Stücke aus Ländern, die nicht mehr existieren, in Sprachen, die kaum mehr gesprochen werden und die fast vergessen sind: u. a. Lieder der Rom:nja oder aus Taiwan. Manche handeln von Menschen, die nicht dort sein können, wo sie daheim sind. Ein Beispiel dafür ist das Abschiedslied einer ukrainischen Mutter.
Aquabella begreifen sich als Botschafterinnen und Mittlerinnen für kulturelle Traditionen. „Musik und Sprache sind Anker und Identität eines jeden Volkes“, betonen die Sängerinnen. Daher sammeln sie seit jeher auf Reisen und zu Hause musikalische Schätze und singen mittlerweile in zwanzig Sprachen.
Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des Concerto, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.
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